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Nebenbahnen der K.Bay.Sts.B.

Staatseisenbahnen, der Schwerpunkt der Eisenbahnbaupolitik auf den Nebenbahnen.

 

Seit etwa 1880 lag in Bayern, in Preußen und den meisten anderen Ländern mit Staatseisenbahnen. Dabei ist festzuhalten, dass der Ausdruck "Nebenbahnen" erst später gebräuchlich wurde und man statt dessen eine Vielzahl anderer Begriffe verwendete.

Eine erste Rangfolge unter den Eisenbahnen Bayerns war schon mit den Prachtbahnen geschaffen worden. Die acht Prachtbahnen wurden zwar hinsichtlich der Trassierung und des Unterbaus grundsätzlich nach den geltenden Staatsbahnvorgaben gebaut, beim Oberbau aber musste alles etwas billiger werden. Deshalb verwendete man dafür älteres Schienenmaterial und in der Folge auch ältere Fahrzeuge. Dieser Weg erwies sich sehr bald als falsch und viel zu teuer. Der Unterhaltungsaufwand für das zerschlissene Material übertraf offenbar die Einsparungen. Schon Mitte 1860 wurde das System der Prachtbahnen wieder aufgegeben.

Der nächste Schritt in Richtung preisgünstigen                                  

Eisenbahnbaus wurde in Bayern mit den

sogenannten Vizinalbahnen unternommen.

"Bahnen von lokaler Wichtigkeit, welche vom

Staat oder durch Privatunternehmung hergestellt

werden, sollten nur unter der Voraussetzung

Aussicht auf Unterstützung haben, wenn für dieselbendie Grunderwerbung und die Herstellung der Erdarbeiten ohne Inanspruchnahme von Staatsfonds

gesichert ist". Wobei das nicht bedeutete, dass

sich der Staat ganz aus dem Bau der Bahnen mit

geringerer Bedeutung zurückziehen wollte. Zur

Vermeidung der Anlagekosten wurden für die

Vizinalbahnen größere Steigungen und Krümmungen,

eine geringere Breite der Dammkrone und ein

leichterer Oberbau zugelassen. Die dafür benötigten

Fahrzeuge sollten natürlich auch beschafft werden.

Außerdem ging man beim Bahnbetrieb von wesentlich geringeren Geschwindigkeiten aus, trotzdem wurde die Bahnbewachung und beschrankte Bahnübergänge vorgeschrieben.

Die Stationsbauten der Nebenbahnen führte man ebenfalls in einfachster, gleichwohl solider Weise aus. Bei Haltestellen mit Güterabfertigung wurden Unterstand und Güterschuppen in einem eingeschossigen Gebäude

vereint. Weitere bauliche "Feinheiten" blieben dann

privaten Initiativen überlassen. Die Abfertigung

wurde oft "Agenten" übertragen, beispielsweise dem

Wirt des nächsten Gasthauses oder dem nächsten

Händler. Haltepunkte bekamen in der Regel nur einen

Bahnsteig und eine Haltertafel, Lagerschuppen und

Laderampen durften von Privatpersonen errichtet

werden. Natürlich auf eigene Kosten. Nur End- und

Abzweigstationen erhielten meist zweigeschossige Bauten, in denen sich auch Wohnraum für die Bahnbediensteten befand. Im Umfeld solcher Stationen befanden sich auch noch weitere Nebengebäude zur Selbstversorgung des dort lebenden Bahnpersonals und deren Familien. Jeder so begünstigte Beamte musste natürlich auch Aufgaben erledigen , die im normalen Staatsbahndienst untergeordneten Arbeitskräften zugedacht waren. Das wiederum drückte den eigentlichen Personalbedarf erheblich. Im Vergleich zu der heutigen Zeit arbeiteten aber trotzdem noch wesentlich mehr Bahnbeamte

( acht oder mehr Beamte) auf den kleinen Stationen.

Bis 1876 sind insgesamt 14 staatliche Vizinalbahnen

errichtet worden. Ab Ende 1876 waren es dann, nach

nur sieben Jahren, 15 Vizinalbahnen mit einer

Gesamtstreckenlänge von 167 km. Aber auch dieses

System erfüllte die Erwartungen des Staates

( Staatsausgaben- und -einnahmen) nicht. Zwar

lagen bis Anfang 1880 bei fast allen Linien die

Einnahmen über den Ausgaben, aber der

Einnahmenüberschuss war so gering, dass die

Gemeinden bei dessen Verteilung fast immer leer ausgingen.

Gleichzeitig blieb aber auch für den Staat nur wenig übrig, so dass sich das investierte Kapital nur minimal verzinste. Die Vizinalbahnen hatten also in eine Sackgasse geführt.

Angesichts der hohen Bau- und Betriebskosten und der Bevorzugung des Staates bei der Verteilung der Überschüsse, war das Interesse der Gemeinden auf diese Weise den Anschluss an die Eisenbahn zu finden, bald nur noch sehr gering. Gleichwohl war der Wunsch, eine Eisenbahn zu erhalten, natürlich allerorten ungebrochen. Aber auch die Staatsbahnen hatten weiterhin großes Interesse ihren Hauptbahnen durch neue Zweiglinien noch mehr Verkehr zuzuführen.

Deshalb wurde mit dem zweiten Vizinalbahngesetz von 1882 über "die Behandlung der bestehenden Vizinalbahnen und den Bau von Sekundärbahnen" beschlossen, den betroffenen Gemeinden die Hälfte des von ihnen für Erdarbeiten zu bestreitenden Aufwandes aus Vizinalbahn- Baufonds zurückzuerstatten. Bei einem Verzicht der Gemeinden auf einen Teil der späteren Überschüsse wurde ihnen auch der zweite Teil der Kosten erlassen. Der Grund und Boden wurde weiterhin von den Gemeinden zur Verfügung gestellt. Die meisten Gemeinden haben dieses Angebot bis auf wenige Ausnahmen auch genutzt.

Der Clou dieses Gesetzes von 1882- es bestimmte, dass das System der Vizinalbahnen für immer zu verlassen sei.

 

(wird fortgesetzt)

 

Alle Originalfotos mit freundlicher Genehmigung des Eisenbahn-Journals -

VGB / Bayern-Report
 

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